Die Ausrichtungen
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Die Ausrichtung besteht aus zwei Teilen, einem Zustandshaften und einen
Tätigkeitshaften. Der Erste Bestandteil der Ausrichtung ist die
Gewissheit darüber sein Ziel zu erreichen; hier dem Wissen darüber, dass
der Pfeil sein Ziel trifft. Bestünde keine Gewissheit darüber sein Ziel
exakt zu erreichen, handelte es sich lediglich um einen mehr oder
weniger frommen Wunsch.
Der tätigkeitshafte Teil besteht darin alles zutun sein Ziel genau zu
erreichen und alles hinderliche wegzulassen. Wollte man versuchen nicht
alles zutun was nötig ist und alles unnötige wegzulassen, so handelte es
sich bei diesem Tun nicht um Ausrichtung, sondern um mehr oder weniger
glückliche Versuche.
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In der Regel
stellt sich der Bogenschütze seitlich zum Ziel. Entsprechend seiner
Körpergröße und dem Schießstil tut er es mit einer leichten Abstellung
zum 90° Winkel zum Ziel. Je nachdem mit welcher Hand er den Bogen hält,
zeigt entweder die linke oder rechte Schulter in Richtung Ziel. In der
arabischen und osmanischen Literatur der Bogenschießkunst werden drei
verschiedene Haltungen für stehende Schützen gelehrt. Die genau
seitliche Stellung, bei welcher der Schütze mit beiden Füssen parallel
in der seitlichen Verlängerung zum Ziel steht. Diese Stellung (yaq’ud
munharifan) hat Ishak*, einer der berühmten
Meister der Schießkunst gelehrt, sie wird großen Schützen und vor allem
Anfängern empfohlen.
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seitlicher Stand
Nach Abu Hashim*
sollen kurze und wohlbeleibte Schützen den vom Ziel abgewandten Fuß,
einen Fußbreit nach vorne setzen. Dadurch verlassen sie zwar die optimal
seitliche Stellung zum Ziel, nehmen aber so die ihrem Körper
entsprechende Haltung ein. In beiden Schulen gab es noch kleinere
Abwandlungen, welche die Stellung Füße selbst betraf, ob zueinander
gestellt, genau parallel oder schräg in einem 45° Winkel voneinander,
die für berittene Schützen aber unwesentlich sind. Deshalb unwesentlich,
weil stets die Position des Pferdes zum Ziel die Ausrichtung bestimmt.
Es ist hingegen für den Schuss zu Seite wichtig, dass der Bogen genau
vertikal gehalten wird und der Reiter sich keine Jägerhalterung
angewöhnt, wie sie
bei vielen Feldschützen zu beobachten ist. Als Reiter muss er,
will er das Pferd in seinem Galopp nicht stören immer ausbalanciert in
der Pferdemitte aufrecht sitzen.
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Halbseitlicher Stand
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Der Stand
Bevor der Körper sich
zum Ziel ausrichtet, ist es wichtig, daß der Schütze zunächst gerade
aufgerichtet und balanciert steht. Die Aufrichtung geschieht durch das
aufrechte gerade Stehen des Körperstamms, dem Unter- und Oberkörper. Für
das Aufrichten ist der Unterkörper, vom Nabel abwärts, die wichtigere
und zugleich empfindsamere Stelle im Körper. Er muss zur Basis werden,
auf welcher der Oberkörper leicht und ohne Mühen und Verkrampfungen in
sich ruht. Wenn man die aufgerichtete Haltung einnimmt, dann fällt der
Schwerpunkt des ganzen Körpers in die Mitte des Sitzbeins. Es ist
wesentlich, die Kraft aus der Brust zu nehmen, sie leer zu machen und
dabei zu öffnen, indem der Oberkörper entspannt wird. Wie bei einem
mehrstöckigen Bauwerk ruhen die oberen Stockwerke gerade auf dem jeweils
unteren Stockwerk. Erst dann kann sich die Kraft im Fundament des
Körpers sammeln – unterhalb des Nabels – wie in einem See.
Die Schultern sind für
Bogenschützen die wichtigsten Gelenke im Körper. Sie sind die
Beweglichsten unseres Körpers und in ihnen drücken sich viele unserer
Fehlhaltungen und Gefühle aus. Wenn wir uns schwach und überladen fühlen
oder uns ängstigen, dann ziehen wir sie unweigerlich hoch, und
verkrampfen uns so. Doch bevor wir mit dem Bogenschiessen beginnen,
müssen wir lernen die Schultern fallen zu lassen. Fallenlassen der
Schultern bedeutet nicht, sie mit unserem Willen niederzudrücken,
sondern sie ihrem Eigengewicht zu überlassen.
Die Atmung erfolgt tief und entspannt aus dem Bauch heraus, wobei beim
Ausatmen der Unterbauch leicht angespannt wird.
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Frontal
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Rittlings
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Tahir
al-Balkhi* lehrte, der Schütze solle sich
mit paralleler Fußstellung frontal zum Ziel stellen, den Oberkörper
soweit drehen bis die Schulter des Bogenarms genau ins Ziel zeige.
Beide Füße werden schulterweit frontal zum Ziel gestellt. Durch die
Drehung des Oberkörpers würde die Haltung des Schützen in sich
selbst stabilisiert. Damit der Reiterschütze mit seinem
zurückschnellenden Bogen das Pferd nicht mit dem unteren Bogenarm
trifft muss er darauf achten den Bogen etwas schräg vor ihm zu
halten. So zeigt das untere Bogen Ende weg vom Pferd und kann es
nicht verletzen.
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Berittene
Schützen kennen noch eine weitere Haltung, die ein stehender Schütze
ohne Not niemals einnehmen würde. Sie stellen sich parallel
entsprechend der Stellung des Tahir al-Balkhis jedoch mit dem Rücken
zum Ziel. Nun verdrehen sie den Oberkörper solange bis die Schulter
der Bogenhand rückwärtig ins Ziel zeigt. Dieser Schuss ist in der
europäischen Literatur als der Schuss der Parther bekannt. Der persische König Darius I hatte auf einer Strafaktion
gegen marodierende Skythenstämme bereits unliebsame Erfahrungen mit
skythischen Reiterbognern gemacht, die auf fingierten Fluchten den
sie verfolgenden persischen Reitern mit ihren gezielten Schüssen
nach hinten töteten. Doch erst den 200 Jahre später auf die gleiche
Weise kämpfenden Parthern gegen die hellenistischen Seleukiden, den
Nachfahren des Feldherrn Seleukos von Alexander dem Großen, wurde
die Ehre zuteil Namensträger für diese Art des Bogenschiessens zu
sein.Jetzt bei diesem Schuss muss der Schütze, ähnlich
wie beim Schuss nach vorne darauf achten, dass das zurückschnellende
Bogenende das Pferd nicht verletzt. Dazu muss er den Bogen wieder
schräg halten. Jedoch nicht so, wie man es bei manchen Anfängern
beobachtet indem sie den bogen fast horizontal halten, sondern genau
umgekehrt. Der Bogen wir schräg nach innen gehalten, das untere
Bogenende vom Pferd weg gewandt, sodass es von ihm nicht getroffen
werden kann.
Im
Unterschied zum stehenden Schützen, der je nach Lehrmeinung und
Körperstatur die seitliche oder frontale Stellung für die ihm am
besten geeignete einnimmt, muss der reitende Schütze alle drei
Stellungen gleich gut beherrschen lernen.
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